Rede für Frank-Ulrich Vögely, Bergfriedhof Heidelberg, 19. Februar 2011

 
 

Prof. Dr. Matthias Krause

„14 Jahre mit Frank und Geli“

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Liebe Geli, liebe Ilse, lieber Jörg, liebe Verena, lieber Martin, liebe Freunde,


Es war ein sonniger und warmer Sonntag im März 1997, als ich Frank und Geli kennenlernte. Mich hatte es erst wenige Wochen zuvor aus beruflichen Gründen nach Mannheim verschlagen. Johan TerMaat, den ich im Mannheimer Volleyballclub kennengelernt hatte, lud mich ein, an einem Bouleturnier teilzunehmen. Meine Einwände, doch gar nicht Boule spielen zu können, wurden sofort zerstreut, „Du bist doch neu in der Stadt, da sind total nette Leute, es kommt aufs Mitmachen an“ usw. So verlebte ich vor knapp 14 Jahren meinen ersten Tag mit Frank, Geli und vielen ihrer Freunde. Beim Bouleturnier belegte ich erwartungsgemäß den letzten Platz. Der Tag endete in der kroatischen Vereinsgaststätte auf dem SG Mannheim Gelände, Bier und Ouzo flossen reichlich, Frank, Geli und ich kamen ins Gespräch, redeten lange, kamen uns näher und breiteten unsere Lebensgeschichten voreinander aus. Tief in der Nacht stand der gemeinsame Beschluss bei Frank Klavierstunden zu nehmen. Ich hatte in meiner Jugend ambitioniert Klavier gespielt, die Brücke zu Frank war gefunden.


Bald war ich aufgenommen in die faszinierende Welt des Frank-Ulrich Vögely, wurde Teil eines ungewöhnlichen Freundeskreises, der zusammengehalten wurde durch die ungeheure Tatkraft, die Aura, die Ideen, die Herzenswärme dieses großartigen Menschen, einer Gemeinde, die ihren Ort hatte in Franks Feudenheimer Kulturscheune, einer großen hohen Kathedrale des guten Lebens, mit riesigen Bücherregalen, Konzertflügeln, Bildern, erfüllt von Musik, in der man sich abends zusammenfand, warm und herzlich behütet von Geli und Franks unglaublicher Gastfreundschaft.


Franks Biografie erschloss sich mir dort in unzähligen Geschichten und Anekdoten, gerne und oft wiedererzählt. Frank war badischer Jugendmeister im Hochsprung, spielte Fuball beim Karlsruher SC und schaffte es sogar zu einem Bundesligaeinsatz, wäre fast ein Sportrennfahrer geworden, kämpfte 68 auf den Heidelberger Barrikaden, hatte Berufsverbot, landete im Prager Frühling in einem tschechischen Knast, baute unter wahnsinnigem Kraftaufwand eine zugige unwirtliche Feudenheimer Scheune zu seinem Haus um.

Eine Geschichte war, dass Frank einmal von seinem antikapitalistischen Weg abwich und sich Privateigentum an Grund und Boden auf einer griechischen Insel zulegte. Zeuss konnte diese Inkonsequenz nicht verzeihen und strafte die Region mit einem schrecklichen Erdbeben, in dessen Ergebnis sich Franks Grundstück drei Meter unter dem Spiegel des ägäischen Meeres wiederfand.


Frank war ein Künstler, ein brillianter Denker und wissenschaftlicher Kopf mit einem fast enzyklopädischen Wissen in allen Bereichen, die ihm wichtig waren. Für mich war er jedoch vor allem ein Meister der Schaffung und Organisation des guten Lebens, das immer ein Leben in einer Gemeinschaft war. Er musste nicht auf Wanderschaft gehen, um das gute Leben zu suchen, er hatte den Plan dazu in sich seit langem gefunden und setzte diesen Tag für Tag mit wahnsinniger Tatkraft um. Er schonte sich nie, arbeitete wie ein Berserker an der Errichtung und Aufrechterhaltung seiner Welt, die an vielen Stellen inkompatibel war zu der Tristess der betriebswirtschaftslichen Abläufe um ihn herum. Die juristischen und finanziellen Probleme nahmen zuweilen bedrohlichste Formen an, nicht nur Freunde sondern auch Gerichtsvollzieher klopften an die Feudenheimer Scheunentür.


Du lebtest in einem Rhytmus, den auf die Dauer selbst Dein starker Körper nicht immer aushielt, gesundheitliche Beschwerden wurden zunehmend ein nerviger Begleiter. Im Januar 2003 gingst Du zum ersten Mal zu Boden, Herzinfarkt, die Gemeinde der Freunde starr vor Schreck. Doch Du standest wieder auf, geschwächt und mit schlechter Prognose zwar, aber Du standest wieder und das wunderbare Leben mit Frank, Geli, den Freunden und den vielen gemeinsamen Abenden ging acht wertvolle Jahre weiter.


Auch im Ausland hast Du deutliche Spuren hinterlassen, die Gemeinde der Freunde eröffnete Filialen in London, in der Bretagne, in Hamburg und selbst im fernen Mecklenburg. Es zog Dich nach Süden und Südwesten, nach Italien, Frankreich und nach Portugal, in sonnige duftende Landschaften, die zu Deinem Gemüt und Deiner Vorstellung von Musik passten. So erklang in Deiner Scheune eine Zeitlang oft Fado-Musik, und Du erzähltest vom schwermütigen Brauch der Portugiesen, nach Dienstschluss auf einen Parkplatz an der Küste zu fahren, im Auto sitzenzubleiben und stundenlang sehnsüchtig aufs Meer in die Ferne zu blicken.


Am Freitag letzter Woche war auch ich in Portugal, eine meiner Töchter geht dort in die Lehre. Wir fuhren zum südwestlichsten Zipfel Europas, blickten auf den unendlichen sturmzerwühlten Atlantik hinaus, von dem, die Wetterarchive können es beweisen, gegen Abend ein gigantisches Gewitter auf uns zu zog. Es goss wie aus Kannen, kräftige Blitze schlugen in kurzer Folge knallend ins Meer. Es war beängstigend, aber irgendwie war man doch sicher, dass es einen selbst nicht treffen würde ... wenige Stunden später allerdings traf uns ein grausamer Blitz mitten ins Herz. Das Unfassbare, das Unaussprechliche, wegen dem wir heute hier sind, war geschehen.


Lieber Frank, wir sind alle zu Dir gekommen, um Abschied zu nehmen, um uns vor Dir und Deinem Lebenswerk zu verneigen und uns zu bedanken für alles, was Du uns gegeben hast. Unsere Trauer ist grenzenlos, der Verlust unermesslich, aber wir versuchen, tapfer und stark zu sein, so wie Du es immer warst. Wir werden Dir auf Deinem Weg dieses eine Mal nicht folgen, denn Du hast uns ja gezeigt, wie schön das Leben sein kann

... machs gut mein Lieber.